Die Geschichte der Carl-von-Linde-Realschule ist stark mit der der Ridlerschule verknüpft. Eigentlich beginnt die Geschichte der Schule mit dem Bau der Ridlerschule im Jahr 1904. Eine kleine Chronik der Ridlerschule kann hier nachgelesen werden: Chronik der Ridlerschule.
Nach vielen Veränderungen und Umbrüchen zieht im Jahr 1966 die Carl-von-Linde Realschule in das Gebäude an der Ridlerstrasse ein. Sie entsteht aus der Rudolf-Diesel Realschule mit 410 Schülern und 13 Klassen als Schule zunächst nur für Knaben.
1967: Schulleiter Herr Brauner leitet eine stürmische Aufwärtsentwicklung ein.
1969: In Grundschule und Realschule werden 1200 Schüler (verteilt auf 39 Klassen) in einem Gebäude unterrichtet.
1971: Die Carl-von-Linde-Realschule nimmt zum ersten Mal Mädchen auf.
1972: Der erste Ethikunterricht an einer Münchner Realschule wird an der Carl-von-Linde-Realschule erteilt. Auch der erste Informatikunterricht an einem P603 Olivetti (150 kg!) mit Lochkartenstreifen und Magnetbandstation findet Einzug in unsere Schule.
1974: Höchststand der Schülerzahl mit 1040 Realschülern in 33 Klassen.
1976: Schulversuch “Internationale Klassen” wird durchgeführt.
1977: Turnhallen und Schwimmbad werden gebaut.
1981: Anbau eines Gebäudes (heute Hauptschule).
1983: Alle Realschüler sind nun in einem Gebäude untergebracht.
1991: 25-Jahr-Feier und Verabschiedung des langjährigen Schulleiters Herrn Brauner.
1996: Herr Seifert, langjähriger Realschulleiter, wird nach 6-jähriger Tätigkeit an der Carl-von-Linde-Realschule verabschiedet.
1997: Schulleiterin der Schule wird Frau Demleitner.
2001: Die Carl-von-Linde-Realschule wird 6-stufig (5. – 10. Klasse).
2002: Die Carl-von-Linde-Realschule präsentiert sich erstmals im Internet.
2010: Frau Demleitner verabschiedet sich als langjährige Schulleiterin in den Ruhestand.
Frau Asenbeck-Falkenstein wird neue Schulleiterin an der Carl-von-Linde-Realschule.
2013: Frau Asenbeck-Falkenstein verabschiedet sich in den Ruhestand.
Schulleiter der Schule wird Herr Volkmer.
Die Realschule ist nach dem Ingenieur und Unternehmer Carl von Linde (1842 – 1934) benannt. Er war der Pionier der Kältetechnik und der Erfinder der Luftverflüssigung. Als Mann des Geistes und der Tat beschränkte sich Carl von Linde nicht darauf, an der Hochschule zu lehren, sondern setzte seine Erkenntnisse konsequent in die Tat um. Früh erkannte er den Stellenwert einer gründlichen Ausbildung und schuf in der Linde AG eigene Lehrwerkstätten, in denen nach 1920 jeweils nach neuesten Erkenntnissen mit modernsten Maschinen der Nachwuchs geschult wurde. Im Geist Carl von Lindes möchten wir unsere Schülerinnen und Schüler zu tatkräftigen, selbstständig denkenden und handelnden Menschen erziehen. Neben dem eigenverantwortlichen Arbeiten legen wir großen Wert darauf, sie zu Teamfähigkeit und zu sozialem Engagement anzuleiten.
Zeichnung von Hanna Volynska (10b, Schuljahr 20/21)
„Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen“. Mit diesen Worten beschrieb der Schweizer Schriftsteller Max Frisch die Situation der fremden Arbeiter in Deutschland.
Durch das Wirtschaftswunder hier in Deutschland wurden Gastarbeiter aus den verschiedensten Nationen angeworben. Sie kamen nach Deutschland, um ihren Familien ein besseres Leben bieten zu können. Sie wollten genügend Geld für ihre Familien zusammen bekommen und danach in ihr altes Leben zurückkehren. Stattdessen bauten sich die meisten hier eine Familie auf, ein neues Leben, eine zweite Heimat. Doch werden sie immer die sein, die als Gastarbeiter herkamen? Sie waren fremd hier. Um diesen Zustand zu ändern, wurden Internationale Klassen an unserer Schule ganz selbstverständlich neben den deutschen Klassen eingeführt. Diese Klassen haben nie bei Schülern oder Eltern Ausländerfeindlichkeit ausgelöst.
Angefangen hat es 1976, als wir von der Artur-Kutscher-Realschule eine sog. Ausländerklasse mit 15 Schülern übernahmen. Leider schaffte nur ein geringer Prozentsatz sehr begabter Schüler auf Anhieb den Abschluss. Diese Schüler haben neben dem sprachlichen „Handicap“ auch eine Vielzahl persönlicher Probleme gehabt. Wir wollten Integration, aber nicht um jeden Preis, vor allem dann nicht, wenn sie zu einer Überforderung der Kinder und zu einer Anhäufung von Misserfolgserlebnissen führen würde. Integration und Förderung brauchen eben Zeit und sind nicht im „Hauruckverfahren“ zu erledigen.
Gastarbeiterkinder, Aussiedlerkinder, vietnamesische „Boatpeople“ und Kinder von Flüchtlingen aus Afghanistan oder dem Iran kamen bald auch aus dem weiteren Umland an unsere Schule. Konnte man diese Kinder einfach alle nach dem Motto „Vogel friss oder stirb!“ ihrem schulischen Schicksal überlassen? Man konnte und man musste es auch nicht.
„Gott sei Dank“, dass unser Vorhaben auf viel Verständnis und Unterstützung beim Schulreferat und im Stadtrat der LHM, beim Kultusministerium und beim Kulturpolitischen Ausschuss des Landtags fand. Wir durften unseren Schulversuch weiterführen. Schriftliche Eingaben und deren Bewilligung brachten häufige Unterrichtsbesuche der Verantwortlichen, denn man wollte ja sehen, ob das Geld für zusätzliche Unterrichtsstunden und Lernmittel sinnvoll angelegt war, ob Fortschritte zu verzeichnen waren. Erhebungen für eine wissenschaftliche Begleitung des Schulversuchs wurden von den Klassleitungen erstellt; Arbeitskreise am Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung sowie an der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen bereiteten uns manches Kopfzerbrechen. Aber der Aufwand lohnte sich.
Viele unserer „Ehemaligen“ besuchen uns in ihrer Freizeit und versichern, dass ihnen „Nestwärme“ und Verständnis für ihre oft schwierige Situation sehr gut getan hätten. Gemeinsame Unternehmungen mit deutschen Klassen waren von Anfang an selbstverständlich, egal, worum es sich handelte, ob um Schullandheimaufenthalte, Skilager, Studienfahrten, Wander- oder Projekttage oder um die aktive Mitwirkung bei Theateraufführungen und Schulkonzerten, beim Erstellen der Schülerzeitung oder um die Vorbereitungen für den Schulfasching. Die bei solchen Anlässen geknüpften Kontakte zu deutschen Schülern werden weiter gepflegt, wie man als „pausenaufsichtführende“ Lehrkraft immer wieder beobachten kann. Wenn strenge Eltern islamischen Glaubens uns ihre Tochter anvertrauen, ist eben ein Stück Misstrauen gegenüber Fremden abgebaut, wenn Schüler einen Sachverhalt einsehen, anstatt ihn auswendig zu lernen, wenn sie vergleichen zwischen Bekanntem und Neuem, wenn sie Alternativen zum landesüblichen „Machogehabe“ verinnerlichen, sind das kleine, aber wichtige Schritte zu mehr Annäherung und Verständnis unter den Kulturen.
Heute, wo wir in unserem Land viele minderjährige Flüchtlinge haben, sind diese Klassen wichtiger denn je. Unsere Schule allein wird diesen Andrang nicht bewältigen, es müssen weitere Schulen diesen Schritt wagen.
Bergovec Stefan
Lesen Sie auch den Artikel in der Süddeutschen Zeitung anlässlich des 40-jährigen Bestehens der internationalen Klassen.
Das Jahr 1966 und die Carl-von-Linde Realschule
WAS WAR VORHER?
Bis zum Jahr 1960 gab es in München drei Städtische Mittelschulen für Mädchen und zwei Städtische Mittelschulen für Knaben. 1962 wurden zwei weitere Mittelschulen für Knaben gegründet: an der Hohenzollernstrasse (heute: Hermann-Frieb Realschule) und an der Ernst-Reuter-Strasse (heute: Fridjof-Nansen- Realschule). 1964 zieht die Mittelschule an der Deroystrasse in das Schulhaus in Schulstrasse 3 um und erhält den Namen „Städtische Rudolf-Diesel-Mittelschule für Knaben”. Zu Schuljahresbeginn 1965/66 erfolgt landeseinheitlich die Umbenennung der Mittelschulen in Realschulen. An der Rudolf-Diesel-Realschule nahm die Schülerzahl explosionsartig zu: mit 942 Knaben in 31 Klassen ist sie die größte Realschule in Bayern.
GRÜNDUNG DER CARL-VON-LINDE REALSCHULE IM JAHR 1966
Diese Schülerzahlen machten eine Schulteilung unumgänglich und so wird im Schuljahr 1966/67 die „Städtische Carl-von-Linde-Realschule für Knaben” mit 410 Knaben in 13 Klassen gegründet. Die Schulleitung übernahm Rudolf Tiltscher (gest. 1988). Konrektor wurde Werner Niedermayer (ab 1989 Schulleiter der Rudolf-Diesel Realschule). Werner Niedermayer erinnert sich an dieses erste Schuljahr:
„ Die allgemeingültige Vorstellung, dass man zuerst ein Gebäude baut oder doch ein vorhandenes frei hat und dann eine Schule gründet, traf – zumindest in den Ballungsräumen- in jenen Jahren selten zu. Da sah man sich gezwungen, neugegründete Schulen zunächst einmal irgendwo hineinzustopfen, wo gerade einige Räume frei waren. So erging es auch unserer Schule. Sie sollte das 4. und einen Teil des 3. Stockwerks des Schulgebäudes an der Ridlerstrasse beziehen. Die Räume waren allerdings noch von der Friedrich-List -Wirtschaftsaufbauschule belegt, die ihrerseits erst in die Schwanthalerstrasse umziehen musste. Da abzusehen war, dass die im Schulgebäude an der Ridlerstrasse zur Verfügung stehenden Räume nicht ausreichen würden, erhielt die neue Realschule zusätzlich noch einige Räume im Schulgebäude an der Guldeinstrasse zugewiesen, sollte ihren Betrieb gleich mit einer Zweigstelle aufnehmen”.
EIN START MIT HINDERNISSEN
Da aber das Schulgebäude an der Schwanthalerstrasse nicht rechtzeitig fertig wurde, konnte die Friedrich-List- Wirtschaftsaufbauschule nicht umziehen, und die Carl-von-Linde Realschule stand auf der Straße. So musste die Zweigstelle an der Guldeinstrasse zunächst als Hauptstelle dienen, und die Rudolf-Diesel-Realschule, sozusagen die Mutterschule, lieh an ihrer Zweigstelle Winthirplatz zwei Zimmer aus. So begann der Unterricht am 06.09.1966 mit 13 Klassen in sieben Klasszimmern, verteilt auf zwei, ca. 2,5 km voneinander entfernte Schulgebäude. Das bedeutete vollen Schichtunterricht nebst allen mit einem Unterrichtsbetrieb in zwei weit auseinandergelegenen Schulgebäuden zusätzlich auftretenden Schwierigkeiten. Sechs Monate später konnten die Räume im Schulgebäude an der Ridlerstrasse bezogen werden. Das brachte zunächst zusätzliche Erschwernisse durch einen Umzug mitten im Schuljahr mit sich, dann aber doch eine gewisse Entlastung. Am 08.03.1967 wurde die Gründung und Namensgebung unserer Schule gefeiert.
Bergovec Stefan